Wald-Brief 1 – 2010
„Die Großstadt gebiert psychologische Bedürfnisse, die wir Forstleute erst langsam beginnen, in ihrem Ausmaß wahrzunehmen. Wenn wir diese in Gang befindlichen Veränderungen der Gesellschaft und ihre psychologischen Folgen negieren, werden wir als Berufsstand das nächste Jahrhundert nicht überleben ...“
(Zitat: Ministerialrat a. D. Professor Dr. Hans-Jürgen Otto 1996 anlässlich der Verleihung des Wilhelm-Leopold-Pfeil-Preises der Alfred-Töpfer-Stiftung F. V. S. Hamburg.
H.-J. Otto wirkte als Waldbaureferent im Niedersächsischen Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten entscheidend an der Vorbereitung des Regierungsprogramms Langfristige Ökologische Waldentwicklung (LÖWE) mit. Er ist Träger der Karl-Gayer-Medaille des Bund für Umwelt und Naturschutz Bayern (BUND) und Mitbegründer sowie zeitweiser Vorsitzender des Verbandes Pro Silva Europe.)
Sehr geehrte Leser,
das Programm zur „Langfristigen ökologischen Wald-Entwicklung“ (LÖWE) wurde am 23. Juli 1991 von der Landesregierung Niedersachsen beschlossen. Es ist ein verbindliches Waldnutzungsprogramm für die Wälder des Landes Niedersachsen.
Das Landeswaldgesetz vom 19. Juli 1978 bestimmte noch in § 7 als Oberziel: „Der Wald des Landes Niedersachsen ist zum höchsten Nutzen für die Allgemeinheit zu bewirtschaften.“
Das Niedersächsische Gesetz über den Wald und die Landschaftsordnung vom 21. März 2002 sowie das Gesetz über die Anstalt Niedersächsische Landesforsten vom 16. Dezember 2004 benutzen diesen Begriff nicht mehr, sondern verpflichten die Anstalt Niedersächsische Landesforsten (NLF) lediglich, die rd. 340 000 ha Landeswald „naturnah zum Wohle der Allgemeinheit“ zu bewirtschaften.
Das neue Oberziel lautet hingegen, diese Maßgabe aus dem Gesetz über die Niedersächsischen Landesforsten von 2004 so umzusetzen, dass die Produktion von Holz und anderen Erzeugnissen ab dem Jahr 2008 mindestens kostendeckend zu gestalten sei.
Diese temporäre Maßgabe erzeugt einen unauflösbaren Widerspruch. Sie entspricht der Quadratur des Kreises. Ist Kostendeckung ab 2008 unter Wahrung der Nachhaltigkeit (noch) nicht möglich, stellt diese gesetzliche Vorgabe Nachhaltigkeitsgrundsätze und das Ziel einer langfristig hohen Wertschöpfung zur Disposition.
Enthielt der Ausführungserlass von 1993 (OTTO-LÖWE 1993) noch strikte Bestimmungen, konkretisiert die Interpretation des LÖWE in der Erlasslage von 2007 kaum noch, sondern öffnet der Beliebigkeit breiten Raum. Damit setzt das Programm in der Praxis dem zunehmenden geldwirtschaftlichen Primat keinen wirkungsvollen Widerstand entgegen. Die gesellschaftliche Diskussion insbesondere über den öffentlichen Wald ist eine intuitive Reaktion der Menschen auf die Auswirkungen der Entwicklung und wird deshalb von Dauer sein.
LÖWE – Anspruch und Wirklichkeit
„Wald in guten Händen“ – was immer die beauftragte PR-Agentur unter guten Händen versteht; die Öffentlichkeitsarbeit der Niedersächsichen Landesforsten lässt keine Plattform ungenutzt, LÖWE als ein „EU-Vorbild für eine geplante Waldbaukonzeption“ zu bezeichnen, mit dem „Deutschland weltweit Vorreiter“ sei (Merker in HAZ, Mai 2009).
In der Wahrnehmung wachsender Teile der Bevölkerung und der Fachwelt vor allem außerhalb des Forst- und Holzclusters befindet sich die Forstwirtschaft Deutschlands auf dem Weg in eine Ressourcen belastende Geldwirtschaft.
Welches Bild entspricht der gesellschaftlichen Wirklichkeit ? Was ist wirklich los im Wald – vor allem im öffentlichen Wald ?
Eindimensionale Antworten gibt es sicher nicht. Forstwirtschaft als Rohstofferzeuger ist ein wesentlicher Aspekt neben anderen gleich- oder höhergewichtigen gesellschaftlichen Ansprüchen an den Wald.
Dabei können falsche Fragen keine sinnvollen Antworten erzeugen, richtige Fragen jedoch durchaus falsche Antworten.
Fragen und Antworten unterliegen in der Naturwissenschaft einer methodischen Skepsis. Man kann diese Methode auch als objektive Zweifelsbeseitigung betrachten. Sie ist prinzipiell auf gesellschaftliche Diskurse übertragbar.
Die Waldbriefe der nächsten Monate konkretisieren Sachverhalte. Sie prüfen aus meiner Detailbeobachtung ihre Vereinbarkeit mit gültigen Waldentwicklungszielen.
Beispiele sollen nicht den exotischen Sonderfall oder das berühmte schwarze Schaf herausstellen, sondern einen wesentlichen Teil der Realität im betrieblichen Geschehen aufzeigen.
Es ist sinnvoll, sich auf eine Beispielregion zu konzentrieren, deren Situation mehr oder weniger auf die anderer Landesteile übertragbar ist. Hier sollen es die Wälder des Braunschweiger Landes sein. Eine Gewichtung ist damit nicht beabsichtigt.
Der Bewertungsrahmen ist durch die gesetzlichen Anforderungen an die ordnungsgemäße forstwirtschaftliche Bodennutzung und das Regierungsprogramm LÖWE gesetzt.
LÖWE – Anspruch und Wirklichkeit
Beispiel 1: Der Forstort Wendhausen/Essehöfer Wald im Forstamt
Wolfenbüttel, Landkreis Helmstedt
– Wie man einen Wald zur Großbaustelle macht. –
Ein kurzer Steckbrief des Forstortes:
Waldbauregion 6: | Süd-Ostniedersächsisches Tiefland |
Wuchsbezirk: | Ostbraunschweigisches Tiefland (OF) |
Standort: | mäßig bis gut versorgte mäßig frische steinige, schwach verlehmte Geschiebedecksande, örtlich im Unterboden Lehme |
Böden: | Braunerden, Podsolbraunerden |
Der Forstort ist gemäß der Betriebsinventur (Stichtag 1. Oktober 2004) überwiegend mit ca. 60 bis 100-jährigen geschlossenen Kiefernwäldern bestanden, die einen Bestockungsgrad von 0,7 bis 0,9 und eine Leistungsklasse (LK) von 9 aufweisen. Diese Leistungsklasse ist für die Kiefer überdurchschnittlich gut.
(Die Leistungsklasse ist ein Maßstab für die Wuchsleistung eines Waldes. Sie gibt den maximalen durchschnittlichen jährlichen Gesamtzuwachs einer Baumart auf dem jeweiligen Standort in Vorratsfestmetern = Kubikmetern Holz mit Rinde an.)
Wesentliche Teilflächen sind mit 75- bis 100-jährigen Trauben- und Stieleichen bestockt, die ebenfalls relativ leistungsstark sind, sodass die Anbaufläche in der Vergangenheit vergrößert wurde.
Die Kiefer soll dem Waldentwicklungsziel entsprechend in geschlossenen Beständen in 120 bis 140 Jahren Kiefernstammholz mit einer Zielstärke 40 cm und darüber – gemessen in Brusthöhe (BHD) – produzieren.
In der langfristigen ökologischen Waldentwicklungsplanung der Landesforsten sind auf derartigen Standorten Traubeneichen-Buchen/Hainbuchenwälder oder Buchen-Traubeneichenwälder vorgesehen.
Was seit 2004 geschah:
1. Akt: Die Holznutzung der Jahre 2004 bis 2006 in den Forstabteilungen 2022b und 2023 a1
Anspruch:
Die ca. 90-jährigen Kiefernaltbestände haben nach der Waldentwicklungsplanung noch ca. 30 bis 50 Jahre Zeit, um ihre Zieldurchmesser zu erreichen, da der BHD (Brusthöhendurchmesser) erst bei ca. 33 cm liegt. Aufgrund des relativ guten Standortes können die qualitativ guten Bestände in zehn Jahren das erste reife Starkholz liefern.
Um einen möglichst hohen Zuwachs zu erzielen, sind nur noch vorsichtige Entnahmen sinnvoll, damit der Bestockungsgrad nicht weiter sinkt (derzeit 0,7 in Abt. 2022b und 0,5 in Abt. 2023 a1) und um die Produktionsfläche des Waldes optimal zu nutzen. Gleichzeitig bleibt eine möglichst hohe Widerstandsfähigkeit der Bestände gegenüber Sturmereignissen erhalten.
Der Bestand wird in späteren Jahrzehnten eine gruppen- bis horstweise Mosaikverteilung und eine große Durchmesserspreitung aufweisen, wodurch stetig starkes Stammholz nachschaffend erntefähig wird. In vorhandenen Bestandeslöchern kann mit der Begründung des Nachfolgebestandes (z. B. Traubeneiche und Buche) begonnen werden. Bei Misslingen der Kulturen (z. B. bei Sommertrockenheit nach der Pflanzung) ist der Schaden aufgrund des abgesicherten Vorgehens begrenzt und reversibel.
Der ökologisch wertvolle Unterstand aus u. a. Eiche, Sandbirke, Eberesche, Faulbaum und Bergahorn sowie eine ausgeprägte Strauch- und Krautschicht bleiben erhalten und bewahren die hohe Artenvielfalt dieser reich strukturierten naturnahen Wälder.
Wirklichkeit:
In der 11,5 ha großen Abteilung 2022 b wurden im Forstwirtschaftsjahr 2006 etwa 1.036 FM Kiefern entnommen. Das sind ca. 30 % des Gesamtvorrates auf der Fläche. Der Bestockungsgrad wurde hierdurch von 0,7 auf ca. 0,5 herabgesetzt. Die Nutzung erfolgte deutlich unterhalb des Zieldurchmessers und damit der höchsten Wertschöpfung. Der darüber hinaus bewirkte Zuwachsverlust beträgt wahrscheinlich ca. 200 FM im Inventur-Jahrzehnt (Bäume, die zu Beginn des Jahrzehntes entnommen werden, vermindern den potenziellen Zuwachs, den die Inventur geschätzt hat).
Die Bestände bieten durch diese weitere Auflichtung im Kronenraum Angriffsflächen für Stürme, das Risiko erhöht sich stark mit zunehmender Labilität.
In der 16,1 ha großen Abteilung 2023 a1 wurden im Forstwirtschaftsjahr 2004 pro Hektar 107 FM Kiefern entnommen. Das sind ca. 56 % des Gesamtvorrates, die in einem Eingriff und weit unter dem Zieldurchmesser genutzt wurden. Die Betriebsinventur ergab danach nur noch einen verbliebenen Vorrat von 190 FM/ha und einen Bestockungsgrad von 0,5.
In den etwas jüngeren Kiefernbeständen 2019 bis 2025 wurde ähnlich verfahren.
Zwischenbilanz:
Das Jahr 2004 folgte dem extremen Trockenjahr 2003. Die Wälder Niedersachsens wurden hierdurch sehr stark gestresst.
Statt auf diese natürlichen Ereignisse mit waldbaulichen Mitteln stabilisierend zu reagieren, wurden die Holzeinschläge abermals drastisch erhöht und lagen im Land erstmalig über dem jährlichen Gesamtzuwachs. Das Ziel kurzfristig hoher Geldeinnahmen war vorrangig, das Reifen lassen der Altbestände und damit die Sicherung einer langfristig hohen Wertschöpfung durch die Nutzung qualitativ guten und starken Holzes zum ökonomisch richtigen Zeitpunkt war nachrangig. Dem Markt entsprechend sanken die Erlöse wegen des starken Holzaufkommens am Markt.
Die Bestände im Forstort Wendhausen/Essehof wurden im Ergebnis übernutzt, das Bestandesrisiko drastisch erhöht.
Durch die Nutzung im hiebsunreifen Zeitpunkt entstehen wirtschaftliche Schäden, die in keiner Kennzahl erfasst werden.
2. Akt: Der Sturm Kyrill führt am 02. Januar 2007 die Entwicklung fort, die durch die vorherige Waldbehandlung eingeleitet wurde.
Kyrill traf auf die durch scharfe Nutzungseingriffe licht gestellten Kiefernbestände im Forstort Wendhausen/Essehof und schaffte vollendete Tatsachen.
Abt. 2023 a1 – Das Ende eines 92-jährigen Kiefernaltholzes weit vor der Hiebsreife als Folge waldbaulicher Fehler und Folgeschäden durch Sturm Kyrill.
Einzelne Kieferninseln blieben stehen. Die Bestände mit den hohen Massennutzungen wurden geworfen.
Bestände mit Nutzungsansätzen um 50 FM im Jahrzehnt, die der guten fachlichen Praxis entsprechen, blieben bis auf Einzelwürfe weitgehend verschont (siehe Foto unten).
Abt. 2021 – Der Einschlag 2006 lag mit 77 Fm pro Hektar um 50 % über der angesetzten Nutzungsmasse im Jahrzehnt (2005 bis 2014). Die Abt. 2014 a im Hintergrund ist als geschlossener Bestand erhalten geblieben. In ihm erfolgte der letzte Nutzungseingriff 2002 mit lediglich 48 Fm pro Hektar.
Anspruch:
Nach derartigen Ereignissen gilt der waldbauliche Grundsatz, stehen gebliebene Bäume und Bauminseln zu belassen und keine Flächenbegradigungen vorzunehmen.
Gemäß der Richtlinie zur Baumartenwahl von 2004, in der die Landesregierung für die folgenden 40 Jahre ihre waldbaulichen Entwicklungsziele konkretisiert hat, sind zum nachhaltigen Eichenanbau „alle waldbaulichen Möglichkeiten und nicht nur zufällige Störungs-Kahlflächen“ zu nutzen. Auf den Standorten des Forstortes Wendhausen/Essehof eignen sich vorrangig Waldentwicklungstypen von Traubeneichen in Mischung mit Buchen.
Wirklichkeit:
Es wurden zunächst die Voraussetzungen für eine kostengünstige Maschinenpflanzung geschaffen. Hierzu wurden die Windwurfflächen stark begradigt, sodass maschinengerechte Kahlflächen gebildet werden konnten. Die Kahlflächen vergrößerten sich hierdurch. Der ökologisch wertvolle Unterstand wurde fast vollständig beseitigt. Er wurde zusammen mit dem Kronenmaterial und älterem Totholz von den Flächen auf große Polder verbracht und als Energieholz vermarktet.
Diese sogenannte Ganz- und Vollbaumnutzung führt zu massivsten Nährstoffentzügen des Bodens, weil die überwiegend in Knospen, Blättern und Feinästen konzentrierten Nährstoffe für immer der Fläche entzogen werden.
Anschließend wurde durch Maschinenpflanzung eine Roteichen-Buchenkultur angelegt. Teilflächen wurden mit Douglasien bepflanzt. Roteiche und Douglasie als nichtheimische Baumarten bilden gemäß Richtlinie zur Baumartenwahl auf diesen Standorten des Wuchsbezirks keine standortgerechten Waldentwicklungstypen. Die Roteiche steht an letzter (7.) Stelle einer verbindlichen Rangfolge möglicher Alternativen. Vorrangig sind Traubeneichen-Buchenwälder.
Die technischen Einsatzgrenzen der Pflanzmaschine und Kostenminimierung diktieren die Form der Kulturflächenvorbereitung.
Das letzte Stöckchen Biomasse wurde von den Flächen geholt. Nährstoffe konzentrieren sich besonders in Blättern und Knospen. Schwere langfristige Bodenschäden durch diesen Nährstoffentzug sind die Folge.
Vollräumung großer Flächen und ganzflächiges Befahren
Amerikanische Roteiche, statt heimischer Traubeneiche: Sie ist im zweiten Jahr der Pflanzung weitgehend ausgefallen.
Douglasienkultur, zwei Jahre nach der Pflanzung – ein Suchbild
Herbst 2009: Bis auf wenige verbissene Rotbuchen großflächiger Totalausfall der Roteichenpflanzung
Zwischenbilanz:
Ein Fehler zieht den nächsten nach sich, wenn der Erkenntnisprozess ausbleibt. Naturereignisse sind unvermeidbar. Betriebliche Fehlsteuerung ist jedoch oft ein Führungsproblem. Unvorhersehbar ist das alles nicht. Schließlich gibt es Erfahrungen, aus denen man lernen kann.
Die richtigen Erkenntnisse und Schlussfolgerungen aus Erfahrung führen zur guten fachlichen Praxis.
Für den Philosophen A.N. WHITEHEAD ist Erfahrung und nicht Objektivierung die Grundlage all dessen, was existiert.
Doch wieviel Möglichkeiten gibt es noch, erfahren zu werden und Erkenntnisse zu gewinnen in der Wirklichkeit eines Landesbetriebs ?
Die Kulturen auf den Kahlflächen sind misslungen. Das konnte prognostiziert werden. Die ökonomischen Schäden liegen nun ebenfalls offen. Es lässt sich leicht ausrechnen, welche Nettowertschöpfung ein Folgebestand in 100 oder 150 Jahren erbringen müsste, um angesichts der Höhe des investierten Kapitals und seiner Verzinsung auch nur eine schwarze Null zu schreiben.
Dabei bleiben die bereits eingetretenen Verluste der Werte unberücksichtigt, die Generationen vor uns in diesen Kiefernwäldern geschaffen hatten.
Bodenschädigung durch Nährstoffentzug und im Ergebnis Großflächen, die ihre Senkenwirkung verloren haben und zu einer Quelle für klimarelevante Gase geworden sind, das ist keine gute Bilanz. Mit Naturnähe hat das alles ohnehin nichts zu tun.
Aber vielleicht wird nun doch eine neue und bessere waldbauliche Entscheidung getroffen, ohne Fremdländer. Wald entsteht auf natürliche Weise durch Anflug von Pionierbaumarten wie Birke, Aspe, Weide. Auch Kiefer und Eberesche dürften sich von selbst einfinden. Stockausschläge von Stiel-, Traubeneiche und Bergahorn sind vorhanden. Ein Grundbestand von Buche hat überlebt.
Wir haben wunderbare standortgerechte heimische Baumarten, die alle Anforderungen erfüllen können. In diesem Vorwald lassen sich mit vergleichsweise geringem Aufwand an geeigneten Plätzen und in lockerem Verbund gruppen- und horstweise Traubeneichen einbringen. Wildschutz dieser Kleinflächen ist unumgänglich, solange die Rehwildbestände nicht angepasst sind vor allem durch Abschuss.
Der Landesbetrieb Wald und Holz NRW geht diesen waldbaulichen Weg nach Kyrill
(Natur in NRW 4/07 – bertram.leder@wald-und-Holz.nrw.de).
In den LÖWE-Erlass 1993 schrieb H.J. OTTO:
„Die Entwicklung des Waldbaus zur Erfüllung des Regierungsprogramms erfordert ein Höchstmaß an forstfachlichem Sachverstand, ökologischem Wissen und Einfühlungsvermögen in die zeitlichen Möglichkeiten der Umsetzung.“
Er forderte Höchstmaß und nicht Mittelmaß.
Im LÖWE-Erlass 2007 ist diese Bedingung nicht mehr zu finden.
Im Forstort Essehof/Wendhausen wurden an den Kahlflächen Hinweistafeln der Zertifizierungsorganisation „Programme for the Endorsement of Forest Certification Schemes (PEFC)“ angebracht.
PEFC-Werbung für dieses Waldbauglück an der „Baustelle“ Wendhäuser/Essehofer Wald
Epilog
Der beschriebene Forstort ist Teil des Landschaftsschutzgebietes Essehofer Wald. Das Regionale Raumordnungsprogramm weist ihn als Vorranggebiet für ruhige Erholung und Vorbehaltsgebiet für Natur und Landschaft aus.
Der Landkreis Helmstedt als zuständige Naturschutz- und Waldbehörde hat 2009 die veraltete LSG-Verordnung an die heutige Rechts- und Sachlage anzupassen versucht.
In den Verordnungsentwurf wurden Standards aufgenommen, die LÖWE seit 1991 vorgibt. Sie gehen nicht einmal über die gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Waldwirtschaft aller Wälder Niedersachsens hinaus. Betroffen ist zudem ausschließlich Landeswald.
Der Verordnungsentwurf wurde in fast identischen Stellungnahmen des Forstamtes Wolfenbüttel und der Landwirtschaftskammer (die selbst keine Privatwälder im Schutzgebiet betreut) vehement abgelehnt. Diese Ablehnung wurde damit begründet, dass LÖWE als Programm der Eigenbindung keine Konkretisierung in einer Schutzverordnung erfordere.
Eine intensive Einflussnahme auf Mandatsträger im Kreistag verwässerte die Verordnung bis zur partiellen Unwirksamkeit.
Ein Landschaftsschutzgebiet, das keine Landschaft schützt – Wirklichkeit 2009.
Da entstehen Fragen:
Warum wird die Übernahme von LÖWE-Grundsätzen in Landschaftsschutzverordnungen zuständiger Gebietskörperschaften durch forstliche Betriebe des Landes bekämpft; Normen, die von ihnen selbst als international beispielgebend bezeichnet werden ?
Welche Dienstpflichten erzwingen dieses Verhalten ?
Wer übernimmt die Verantwortung für wirtschaftliche und ökologische Schäden, die nicht auf Kyrill, sondern ursächlich auf die Regelverletzungen der guten fachlichen Praxis zurück zu führen sind ?
Und: Welche weiteren Aufgaben könnte sich PEFC vorstellen, über die Anbringung von Werbetafeln in glücklichen Wäldern hinaus ?
Ihr Karl-Friedrich Weber
Aus dem Pro Silva Grundsatzpapier:
„Die Gewährleistung der Naturfunktion ist unverzichtbare Voraussetzung für die Schutz-, Produktions- und Kulturfunktion der Wälder.
Wie immer die menschliche Gesellschaft Zweckbestimmungen des Waldes definiert:
Die Existenzfähigkeit und das Zusammenwirken aller Lebensformen im Ökosystem Wald sind Grundlage aller folgenden Funktionen.
Die Erhaltung und ggf. Wiederherstellung der Naturfunktion ist daher vorrangiges Gebot.“
Literaturhinweis:
Der Verbund „OakChain“ hat sich von 2005 bis 2009 mit der Frage befasst, welche Chancen und Risiken Eichen-Kiefern-Mischbestände haben.
Titel: Nachhaltige Bewirtschaftung von Eichen-Kiefern-Mischwäldern
Herausgeber: Michael Elmer et al.,
Ort: München 2009 – Preis 39,90 €
fon/fax 05353 3409
funk 0171 893 8311
E-Mail: kweberbund@aol.com
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Wald-Brief 1 – 2010 als PDF (284 KB)