Kreisgruppe Helmstedt

Wald-Brief November 2009

K.-F. Weber

Weihnachts­botschaft aus dem LÖWE-Wald

– genügend Geldmittel für Wege­neubauten in Europäischen Schut­zgebieten vorhanden

Den Landes­forsten geht es gut. Deshalb können auch Geldmittel in Projekte investiert werden, auf die zuvor kein gewöhnlicher Forst­mann gekommen ist.

Wo fehlen noch ausgebaute Forstwege ? Sicher in dem einen oder anderen FFH-Gebiet.

Wozu können Wege­neubauten in einem Schutz­gebiet notwendig sein ?

  • Zum Beispiel als neue Eingangs­pforten für illegal entsorgte Abfälle,
  • zum Beispiel für neue Hunde-Laufstrecken in störempfindliche Saumbereiche (erhöht die Fitness scheuer Arten),
  • zum Beispiel zur besseren Erreich­barkeit des unmittelbar benachbarten Natur­wald­reservates, für das gemäß Ministerial­erlass aus wissenschaft­lichen Gründen ein Betretens­verbot besteht,
  • zum Beispiel für optimierte Befahr­barkeit durch die Dienst­fahrzeug­flotte der Forst­beamten (jede Sekunde Zeit­gewinn schafft Möglichkeiten für größere Revier­einheiten),
  • vor allem aber (so mündlich kolportiert), um der Gefahr vorzubeugen, dass ein alter Wald, der seit über vierzig Jahren nicht genutzt wurde und den Forst­leute wegen seiner Schönheit und seines Natur­schutz­wertes unberührt gelassen haben, nunmehr als Folge des Kabinetts­beschlusses der Regierung Dr. Merkel dauerhaft in ein Natur­wald­netz integriert werden könnte (Forst-Abteilungen 206 a1 und a2). Da könnte es sicherer sein, vorbeugend vollendete Tatsachen zu schaffen.

Und die natur­verträgliche Holz­abfuhr ?

Nachdem 1969 die Forst­genossen­schaft Lauingen an das Land Niedersachsen verkauft wurde, haben es Förster verstanden, selbst größere Mengen Durch­forstungs­holz (bis 300 Festmeter) über die bestehende Infra­struktur natur­fester Erdwege zu vermarkten – die Betriebs­inventur von 2001 stellte keine Pfle­gerückstände im Rieseberg fest.

Sie folgten der jahrhunderte­alten Erfahrung bäuerlicher Wald­nutzung: Kaum wäre es jemandem eingefallen, bei weichem Boden Holz abzufahren, weil die verfügbare Technik natürliche Grenzen setzte und es einfach verpönt war – also nicht der guten fach­lichen Praxis entsprach.

Im bäuerlichen Genossen­schafts­wald funktionierte die soziale Kontrolle noch.

Die Forstabt. 206 a3 ist Natur­wald­reservat und wird durch die Nordwest­deutsche Forstliche Versuchs­anstalt betreut.

Die Forstabt. 206 a1 und a2 sind seit 1971 in Eigen­bindung nicht genutzt worden wegen ihres ökologischen Wertes und ihrer wald­historischen Besonder­heit. Die ca. 65-jährigen Bestände der Abt. 206 b1 und b2 sind bestens gepflegt. Der durchschnitt­liche Brusthöhen­durchmesser (in 1,30 Meter Höhe über dem Boden) beträgt 16 bis 20 cm. Die jährlich anfallende Pflege­holz­menge beträgt unter 20 Kubikmeter (Festmeter). Das entspricht einer Fuhre 3-Meter-Holz.

In der Forst­abteilung 205 b2 hat die Forst­einrichtung einen breiten Saum­streifen zum Sonder­biotop erklärt (SB).

Auch hier fallen im Jahres­durch­schnitt weniger als 20 Festmeter an. Der Brusthöhen­durchmesser (BHD) beträgt 15 bis 20 cm. Soll die Abt. 205 a2 mit erschlossen werden, wären es pro Jahr ca. 10 Festmeter mehr.

Es handelt sich um Gering­mengen niedrig klassifizierten Holzes (Energieholz, Industrieholz).

vorher

vorher

nachher

nachher

Blick von der Kreis­straße in Richtung Natur­waldvreservat

vorher

vorher

nachher

nachher

Abt. 206 b1 mit Blick zur Kreis­straße Lauingen-Scheppau – links vorn ein Bomben­trichter als zeit­geschichtliches Dokument der letzten Kriegs­tage, als letzte Widerstands­nester von SS-Verbänden durch die heran­rückenden Amerikaner beschossen wurden. Dieses von älteren Menschen aus den umliegenden Dörfern immer noch intensiv diskutierte Ereignis wurde platt gemacht (siehe Foto rechts) und als kollektives Gedächtnis gelöscht.

Aber: „Was weiß der Fisch vom Wasser, in dem er ein Leben lang schwimmt“ Albert Einstein

Das rechte Bild zeigt den Blick vom gleichen Standort. Auf dem neuen Wende­platz links befanden sich der Bomben­trichter und ein flächiges Vorkommen von Gelbem Eisenhut. Beide Besonder­heiten sind verschwunden.

Der Rieseberg ist ein botanisches Refugium, das im ganzen Land bekannt ist.

Abt. 206 a2

Abt. 206 a2

Abt. 206 a1

Abt. 206 a1

Abt. 206 a1

Abt. 206 a1

Wunder­barer Rieseberg

Abteilung 206 a1, seit über vierzig Jahren nicht genutzt und nicht befahren. Die Eiche wird im Bestand auch ohne sogenannte Pflege­eingriffe Jahr­hunderte ihren Platz bewahren, während die allmählich in die Zerfalls­phase eintretende Buche Platz für eine bunte Laub­holz­verjüngung macht und die durch die Forst­planung angestrebte Habitat­kontinuität in eine spannende Wald­dynamik überführt. Den Urwald von morgen, wenn man ihn lässt.

Abt. 205 b2

Abt. 205 b2

nach Norden

Blick nach Norden. Nach wenigen Metern ist der Waldrand erreicht.

Wege­neubau auf erdfestem Untergrund in Abteilung 205 b2 auf 150 Meter Länge und 3-4 Meter Breite.

Die Einmündung in die klassifizierte Kreis­straße ist extrem gefährlich, weil sie hinter einer Gelände­kuppe liegt (im Vorder­grund – im Bild nicht zu sehen). Die vorherige natur­feste Rücke­gasse hat die anfallende Nutz­holz­menge problemlos bewältigt.

Die Reaktionen der Bevölkerung in diesen Tagen ?

» Betroffenheit und Traurigkeit

Meine Empfindung ?

» Scham


Verant­wortlich für den Inhalt: Karl-Friedrich Weber – Weiter­verwendung und Benutzung von Zitaten bei Wahrung des Urheber­rechts erwünscht.

Der Wald-Brief erscheint künftig regel­mäßig bei Bedarf. Er darf nicht verändert werden. Letzter Auslöser für diesen Brief war die Reaktion auf das vom BUND heraus­gegebene „Schwarzbuch Wald“, offenbar ein Voll­treffer. Auslöser sind aber auch die Aussagen der forst­politischen Spitzen in Bund und Ländern gegen­über den Medien in der Öffentlich­keit und die aktuelle Informations­strategie des Clusters Forst und Holz zu Fragen künftiger Wald­politik.

Ein dritter wesent­licher Grund sind die größer werdende Lücke zwischen Anspruch und Wirklich­keit natur­verträglicher Wald­wirt­schaft und die Frage nach der Rechts­konformität derzeitiger Wald­nutzung insbesondere im öffentlichen Wald. Er ist ein Fakten- und Diskussions­beitrag für den Bürger­wald, der Meinung, Wahrnehmung und Informations­stand des Verfassers oder derjenigen wiedergibt, die mir aus den niedersächsischen Wäldern in Wort und Bild berichten. Der Wald-Brief geht gern auch an Adressaten, die von den Lesern empfohlen werden. Er wird laufend in Form und Inhalt dem Bedarf der Nutzer entsprechend weiter­entwickelt. Wer ihn nicht lesen möchte, sollte ihn kündigen.


Karl-Friedrich Weber
Ackerwinkel 5
38154 Königslutter am Elm

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